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19. Mai 2021 – Tag der Öffnung

Heute ist der Geburtstag meines Patenkinds und meiner Tante, deren Patenkind ich bin. Außerdem ist heute der Tag, an dem nach einem unfassbar halben Jahr (!!!) die Gastronomie und Yogastudios wieder öffnen dürfen (nebst anderen). Es ist kaum zu glauben, dass es immer noch Branchen gibt, die nicht aufsperren dürfen, wie zum Beispiel die Nachtclubs. Hoffentlich sind wir den Spuk bald los… denn die Nachwirkungen dieser Corona-Zeit sind ohnehin schon jetzt sehr spürbar. Wenn ich dran denk, wie ich zu Beginn dieser Pandemie dachte im Vergleich dazu, was daraus tatsächlich wurde, liegen da Welten dazwischen. Auch ich habe damals einen Text geschrieben, darüber wie sehr ich glaube, dass diese (westliche) Welt mit ihrem kapitalistischen System einen Pause-Knopf dringend nötig hat. Lustig, ich habe damals ein Corona-Tagebuch begonnen und gerade wieder etwas darin gelesen… hier ein Eintrag:

 

Mittwoch, 25.03.2020

 

Mitte der zweiten Quarantäne-Woche und die Welt steht weiter still und gleichzeitig machen die Menschen eine geistige Evolution durch. Es gibt eben doch keinen ‚Homo oeconomicus‘ – wir sind nicht Konsumenten in einem Markt, wir sind zuallererst Menschen auf einem Erdball. Es hat ein Virus gebraucht, um uns das vor Augen zu führen. Alle stellen sich jetzt die Frage: was ist wirklich wichtig in meinem Leben? Wie will ich leben? Und was brauche ich dafür denn wirklich? Und das sind ganz wesentliche Fragen, die wir im Hamsterrad oftmals vergessen. Wir hetzen von einem Termin zum nächsten, oftmals mit Schmerzen – im Rücken, im Bauch, oder wo auch immer die persönliche ‚Schwachstelle‘ sich finden mag. Jetzt ist die Zeit, um zu heilen und sich zu besinnen. Und alle machen das, da es quasi per Dekret verordnet wurde.

 

Eine weltweite, geistige Evolution steht bevor. Für alle, die alles haben, und doch nichts genießen, ist es nun die Zeit, den individuellen Sinn weiter zu finden und zu verfolgen. Darauf zu hören und sich ohne Drama oder Negativität dem Sein hingeben.

Denn darum geht es. Und nach Corona, oh nach Corona wird dieses Hetzen, das ständige mehr mehr mehr, höher, besser, weiter, der Turbo-Kapitalismus der seine Konsumenten auffrisst, anstatt den Menschen zu dienen, sich verändert haben. Die Menschen werden, jeder für sich, zu ihrer Wurzel zurückgefunden haben. Mehr Menschen werden sich trauen, eigene Unternehmen zu gründen, an die eigenen Träume, Fähigkeiten und Talente zu glauben. Bildungssysteme werden sich endlich so weiterentwickeln, wie das seit Jahrzehnten auf dem Plan steht.

 

Die Welt darf heilen. Endlich. Wie lange haben wir darauf gewartet. Einatmen. Ausatmen. Herrlich. 

Wieder zurück zu heute

Niemand hätte im März 2020 geglaubt, dass uns dieses Virus und die Schließungen über ein Jahr beschäftigen, dass es die ganze Welt so lange treffen wird. Auch wenn der Eintrag vom 25.03. vielleicht etwas zu verallgemeinernd war, mir persönlich haben diese ersten Wochen Lockdown die Augen geöffnet. Dass ich das Hamsterrad entweder ganz verlasse oder es für mich so richte, dass es passt.

 

Beim Lesen des alten Tagebuchs ist mir auch aufgefallen, dass sich seit Beginn der Pandemie bei mir unglaublich viel verändert und getan hat. Ich bin im 8. Monat schwanger und etwas stolz, diese Pandemie zur Hälfte ohne Alkohol gut gemeistert zu haben. Außerdem durfte ich mein Yoga Business aufbauen und habe eine Partnerin gefunden, Element Yoga wächst 😊 Gleichzeitig wächst mein Babybauch und damit auch neue Herausforderungen, Sorgen und Ängste. Damit in dieser Corona-Zeit umzugehen ist, so wie es für vermutlich jede*n zache Dinge gibt, auch nicht einfach.

 

Doch heute Morgen überkam mich ein Gefühl der Euphorie: es gibt jetzt Strategien, um mit dem Virus umzugehen, die 3-G Regel, gesunde mit Antikörper, geimpfte oder getestete Personen dürfen einiges wieder besuchen. Die Zahlen der Infizierten und Intensivbetten-Belegung sinken endlich und die Zahl der Geimpften steigt. Und das ist schon ein Aufatmen… gestern meinte ein ernstzunehmender Experte, dass wir das schlimmste nun überstanden haben. Endlich. Über ein Jahr später. In meiner Wahrnehmung trifft es bei uns in Österreich am härtesten die Jugendlichen. Obwohl ich mit dieser Gruppe wenig zu tun habe, in den Medienberichten treffen ihre Geschichten am härtesten. Wir alle können uns an unsere Teenager Jahre erinnern. Man stellt sich nur kurz diese Zeit während Corona vor – fällt mir sehr schwer! Diese erste Suche nach dem Selbst, nach dem eigenen Bild, in einer Zeit voll von Ausgangssperren und Zuhause isoliert sein – Hölle. Daher schlagen jetzt auch die Ärzte Alarm: die Intensivstationen atmen wieder auf, dafür sind die Jugend-Psychiatrien höchst überlastet und hoffentlich steigen die Essstörungen und Suizidfälle nicht weiter wie prognostiziert. Mücke wird es schon richten. Nachdem unser zutiefst sympathischer Gesundheitsminister Anschober Rudi abgetreten ist, und sich jetzt klugerweise dem Schreiben von Romanen widmet, haben wir es mit einem jungen Arzt zu tun, der auch nett wirkt, allerdings übertrieben ‚lässig‘ durch seine weißen Sneakers während der Angelobung in der rot-samtenen Hofburg ungut aufgefallen ist. Er hat außerdem keine Ahnung von Politik und ist glaub ich ein gefundenes Fressen für die momentan sehr angeschlagene ÖVP mit dem ‚Kriegst eh alles was du willst‘-Kanzler. Wir werden sehen.

 

Das Land sperrt wieder auf. Yogastudios sperren wieder auf. Unser Traum vom eigenen Studio hat sich leider noch nicht realisieren lassen, wir hatten Pech mit Immobilien und dergleichen und die Konkurrenz schläft natürlich nicht.

Doch das macht mir keine Sorgen. Das Land atmet auf, wir können wieder atmen, unsere Natur konnte etwas verschnaufen, bevor es nun auf geht, ins nächste Kapitel, nämlich in das, nach der Pandemie. Wir können es nicht erwarten!

 

 

Danke fürs Lesen und bis bald beim Outdoor Yoga,
Eure Verena 

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