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Wie mir Yoga mit meinen Emotionen hilft

Frau im Meditationssitz auf einer Brücke im Urwald
Unsplash by Raychan @wx1993

‚Atme mal tief durch‘ sagen wir uns manchmal im Alltag, wenn unsere Emotionen die Kontrolle übernehmen möchten und wir reagieren statt uns zunächst aufrecht hinzusetzen oder zu stellen, und einige tiefe Atemzüge zu machen. Denn genau so wie ‚morgen die Welt schon wieder etwas besser aussieht‘ ist auch am tief durchatmen viel Wahres dran. Klar, tief atmen löst unsere Probleme nicht in Luft auf und lässt auch unsere Emotionen und Gefühle nicht stantapeda zur Ruhe kommen. Doch ich entdecke immer öfter, dass es ein erster guter Schritt ist, um mit schwierigen Situationen, welche Emotionen hervorrufen, umzugehen.

 

Mein Handlungsspielraum

 

Fakt ist, ich kann nicht beeinflussen, wie andere Menschen mit mir umgehen. Manchmal liest man eine Email und denkt sich: was soll das? Warum verletzt mich diese Person? Gilt das wirklich mir? Momente, in denen ich mich ungerecht behandelt fühle oder gekränkt bin, sind natürlich erst einmal schwierig. Geplagt von Selbstzweifel und ähnlichem frage ich mich: was hätte ich nur anders machen können, um dieser Person / dieser Situation besser gerecht zu werden? Und falls möglich, passe ich mein Verhalten an. Wenn es sich gut und richtig anfühlt, und ich mich dabei nicht verbiegen muss. Doch tatsächlich passieren viele Dinge, auf die wir nur bedingt oder gar keinen Einfluss haben. Die Pandemie dient uns hier als bestes Beispiel: wie kann ich aus dieser Situation trotzdem das Beste machen? Wo ist mein Spielraum, wo sind meine Grenzen? 

 

Yoga und Emotionen

 

Oftmals höre ich mich als Yogalehrerin sagen: ‚wenn nun vermeintlich unangenehme Gefühle oder Emotionen hochkommen, dann nimm diese wahr, und lass sie ein Stück weit gehen. Hab Vertrauen, dass du diese Emotionen distanziert betrachten und loslassen kannst.‘ Das bedeutet keinesfalls, dass wir uns von uns selbst entfernen; im Gegenteil: durch das achtsame Betrachten einer Emotion oder eines Gefühls ist es mir (manchmal!) möglich, das Gefühl aus einer Meta-Ebene zu betrachten und als dieses gehen zu lassen. Das heißt nicht, dass ich damit für immer abgeschlossen habe oder es mich zukünftig nicht mehr belastet. Das bedeutet lediglich, dass ich mir in diesem Moment meiner Emotionen bewusst bin und sie vielleicht etwas verarbeiten kann.

 

Kleine Schritte ganz groß

 

Was sich zunächst wie der immer wiederkehrende und gleiche Prozess anfühlt: ‚ich habe schon so oft diese Situation / diesen Menschen etc. los gelassen, warum kommt es immer wieder, wann  hört das endlich auf, wann wird es besser?‘, ist in Wahrheit eine große Sache. Auch wenn es Jahre dauern kann (bei mir war es so), bis man tatsächliche Erleichterung und Heilung empfindet, betreffend den eigenen Emotionen mit der Umwelt und den Mitmenschen, zahlt es sich aus. Erstens war bei mir schon der Weg sehr heilsam: auch wenn ich mich immer wiederkehrenden komplexen Gefühlen und Emotionen stellte, um diese Stück für Stück los zu lassen, kam ich gefühlt mit meiner Persönlichkeitsentwicklung weiter. Zweitens kommt bekanntlich wenig über Nacht: bei mir war es erst das Yoga unterrichten – also die heilsame Yoga-Praxis weitergeben zu dürfen, ein Punkt, an dem ich selbst noch einmal ein Stück über mich hinaus wachsen durfte und es nach wie vor tue. Für mich ist klar dass es mehr um das Annehmen und den Prozess als solchen geht, als darum, ‚Resultate‘ zu bekommen. Ich denke manchmal geht es mehr darum, die Gefühle und Emotionen in ihrer Rohheit zu erleben, anzuerkennen und durch bewusstes Gehen lassen zu verarbeiten. Man sollte Yoga hier auch als Teiltherapie verstehen, Gespräche mit Freunden und anderes unterstützen uns ebenso, mit unserer Gefühlswelt heile zu sein. Beim Yoga gibt es einen Punkt, an dem der Prozess zur Heilung wird, mehr als irgendein Resultat. Das ist der Secret Spot, die kleine Magie die ein großer Schritt bedeutet…

 

Komplexität einschränken

 

Auf der einen Seite klingt es super einfach: ‚atme dahin, wo der Schmerz steckt – ob physisch oder mental‘ und das ist es auch! Auf der anderen Seite kann es sehr komplex sein: oft wissen wir nicht, tut mir wirklich die Hüfte weh, oder tut es weh, die Tränen runter zu schlucken? Im Yoga darf alles raus, alles darf fließen, egal was da kommt, was es auch sein mag. Und das ist das schöne, weil Yoga vermeintlich komplexe Gefühlslagen und Emotionen beruhigt. Weil alles so sein darf wie es ist.

 

Scheiß drauf!

 

Und trotzdem, ich bin ein leidenschaftlicher und emotionaler Mensch und manchmal kann ich es einfach nicht ‚zurückhalten‘. Zum Beispiel gestern beim Online Vinyasa Yoga mit einigen Yogaschülern: mein Computer hat den ganzen Tag super funktioniert, die Stunde ging um 18:30 Uhr los, um 18:25 Uhr hängten sich sämtliche Systeme auf und der Computer stürzte ab. Ich konnte ihn dann wieder zum Laufen bekommen, doch als der Sound an war (und ich dachte er ist es noch nicht) war das erste was meine Yogis von mir hörten lautes Geschimpfe und leicht cholerisches Auszucken. Nicht der ideale Einstieg für eine Yogastunde! Doch auch das darf mal sein! Solange wir mit unseren ‚Auszuckern‘ niemanden persönlich angreifen, sondern höchstens irritieren, ist das ok. Wir sollten nicht immer so streng mit uns sein, wie ich finde.

 

Durch Yoga zu sich selbst finden

 

Und auch in diesen Momenten, wo unsere Emotionen überhand nehmen und uns, wenn auch nur für Sekundenbruchteile, kontrollieren, hilft Yoga, wieder zurück zu finden. Wer bin ich und warum bin ich hier? Keine einfachen Fragen, Yoga gibt uns manchmal eine Antwort darauf. Dann spüren wir diese Verbundenheit, wissen genau, warum wir tun, was wir tun, und was der nächste Schritt sein wird. Auf geht’s auf die Matte, melde dich jetzt an!

 

 

 

 

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